Margit Berner, Anette Hoffmann, Britta Lange
Sensible Sammlungen
Aus dem anthropologischen Depot
BAND 210
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EditorJan-Frederik Bandel, Harald Falckenberg
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SpracheDeutsch
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Format10,5 × 16,5 cm
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Eigenschaften280 Seiten, 32 s/w-Abbildungen, Hardcover mit Leseband
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ISBN978-3-86572-677-3
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Preis20,00 €
„Sensible“ Sammlungsbestände im Fokus
Unter „sensiblen Objekten“ versteht man im musealen Kontext Objekte oder Dokumente zweifelhafter Provenienz, deren Erwerb und Überführung in eine Sammlung nach heutigem Verständnis unrechtmäßig war, darunter auch menschliche Überreste und sakrale Gegenstände. Entsprechend problematisch ist der Umgang mit solchen Objekten hinsichtlich ihrer Aufbewahrung, Präsentation und Erforschung.
Neben Artefakten und Objekten produzierten Wissenschaftler*innen und Sammler*innen bei ihren Expeditionen allerlei Messdaten, Körperbeschreibungen, Zeichnungen, Fotografien, Gipsabgüsse, Filme und Tonaufnahmen von lebenden Menschen. Diese Zeugnisse wurden mithilfe handwerklicher und technischer Verfahren von Körpern abgenommen. Sie entstanden oftmals in für die Opfer lebensbedrohlichen Situationen wie in Kriegsgefängnissen, Konzentrationslagern oder militärischen Einrichtungen und sind von kolonialen Herrschaftsstrukturen und der Definitionsmacht von Wissenschaftler*innen und Behörden geprägt. Heute sind sie oftmals letzte Zeugnisse der Ahnen für die Hinterbliebenen der Herkunftsgemeinschaften. Sammlungen und Museen in Europa sind voller „sensibler Objekte“, deren Provenienz bis heute oftmals ungeklärt ist.
In diesem Buch wird die Geschichte solcher Sammlungsbestände in ihrem spezifischen kulturhistorischen Kontext an einer Reihe von Beispielen entlang erzählt. Mit Gipsabdrücken und Tondokumenten geraten dabei vor allem bisher weniger untersuchte Objekte als Bestandteile „sensibler Sammlungen“ in den Blick der Autorinnen.
Margit Berner (geb. 1961) ist Kuratorin der Abguss-Sammlung an der Anthropologischen Abteilung des Naturhistorischen Museums in Wien. Ihre Forschungsschwerpunkte und Publikationen liegen im Bereich Physische Anthropologie und Geschichte der Anthropologie.
Anette Hoffmann (geb. 1965) studierte Afrikanistik und promovierte an der Amsterdam School for Cultural Analysis. Nach Stationen u. a. an der University of Cape Town, der Humboldt-Universität zu Berlin, der Akademie der bildenden Künste Wien ist sie Lecturer an der Hoogeschool van de Kunsten Utrecht.
Britta Lange (geb. 1973) studierte Kunstgeschichte, Kultur- und Medienwissenschaften. Sie arbeitet am Institut für Kulturwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin.
PRESSESTIMMEN
„Viele völkerkundliche Museen haben Gipsmasken, Tonaufnahmen,
Fotografien und Messdaten in ihren Archiven. Darunter sind auch Körperteile von
Menschen – wie Knochen oder Schädel –, die eigentlich bestattet werden sollten.
Sie alle fallen in die Kategorie der ‚sensiblen Sammlungen‘, mit denen sich
Anette Hoffmann, Britta Lange und Margit Berner in einem gerade erschienenen
Buch befassen: Es zeigt, wie diese Sammlungen zustanden kamen und wie mit ihnen
umgegangen wurde.“
– Anne Reinert, taz nord
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„Sensible Sammlungen beleuchtet die Umstände, unter denen Gegenstände, die heute als ‚sensibel‘ bezeichnet werden, im 19. und 20. Jahrhundert beschafft wurden. Dies ermöglicht einen umfassenden, interessanten und sehr informativen Blick auf die problematische Geschichte der Anthropologie und zeigt, wie Mensch produktiv mit dieser umgehen kann, ohne dabei alte Rassismen zu reproduzieren. Das Wissen über Verbrechen im Dienste der (angeblichen) Wissenschaft ermöglicht außerdem, kritisch zu hinterfragen, wie noch heutzutage mit dem vermeintlich ‚Fremden‘ umgegangen wird.“ – Annika Hüttmann, AVIVA Berlin
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„Ihr Vorhaben verfolgen die Autorinnen auf spannende und hervorragend recherchierte Weise. Die Publikation, ein kleines Sammelbändchen nur, führt zügig und präzise in das Thema ein und kann als Anregung verstanden werden, sich mit den andernorts dokumentierten Forschungen und Projekten der drei Autorinnen auseinander zu setzen.“ – Sibylle H. Kußmaul, sehepunkte – Rezensionsjournal für die Geschichtswissenschaften