Raoul Hausmann
Dada-Wissenschaft
Wissenschaftliche und technische Schriften
BAND 193
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EditorBerlinische Galerie – Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur
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SpracheDeutsch
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Format10,5 × 16,5 cm
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Eigenschaften416 Seiten, Hardcover mit Leseband
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ISBN978-3-86572-657-5
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Preis20,00 €
Erstmals veröffentlichte Schriften aus dem Raoul-Hausmann-Archiv
Raoul Hausmann war führender Kopf der Dada-Bewegung in Berlin, ein vielseitig interessierter Alleskönner, der sich auch mit der Wissenschaft seiner Zeit beschäftigte. In der Tat experimentierte Hausmann in den 1920er-Jahren nicht nur mit visueller Dichtung, Lautpoesie, Fotografie und Collage, sondern rezipierte auch eine Vielzahl von wissenschaftlichen Theorien wie die damals populäre Welteislehre und studierte neue Technologien wie die Fotozelle. Er bemühte sich, eine „optophonetische“ Weltanschauung zu entwickeln, die kosmologische Vorgänge, moderne Medientechnologie und das menschliche Leben in Einklang bringen sollte: „Wir fordern die Erweiterung und Eroberung aller unserer Sinne.“
Der vorliegende Band bisher ungedruckter Texte aus dem Raoul-Hausmann-Archiv der Berlinischen Galerie zeigt, wie sehr Hausmann daran interessiert war, die menschliche Physiologie auszubauen, Medientechniken zu optimieren und eine Kosmologie zu entwickeln. Hausmanns wissenschaftliche und technische Schriften legen eine Vielzahl verschütteter Quellen offen, die zentral für die Verbindung von Physiologie und Medientechnologie in der Avantgarde waren. Seine frühen Erkenntnisse stellen bis heute einen wichtigen Teil einer Genealogie der gegenwärtigen multimedialen Kunst dar.
Mit einem editorischen Vorwort von Ralf Burmeister und einer ausführlichen Einleitung von Arndt Niebisch sowie seinem Briefwechsel zwischen Raoul Hausmann und dem Ingenieur Daniel Broido über die Patentrechte an ihrer gemeinsam entwickelten Rechenmaschine.
Raoul Hausmann (1886–1971) gehörte der Dada-Bewegung in Berlin an. Er gilt als Pionier der Fotomontage, schuf Gemälde und Plastiken, experimentierte mit Fotografie und Lautdichtung, verfasste Manifeste und den Roman Hyle. Ein Traumsein in Spanien. Er emigrierte 1933 und lebte von 1938 bis zu seinem Tod weitgehend isoliert in Limoges. Das bei seiner Emigration hinterlassene Archiv befindet sich heute in der Berlinischen Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur.
PRESSESTIMMEN
„1992 wurden Hausmanns wissenschaftlich-technische Schriften von der Berlinischen Galerie erworben – nun wurden diese Texte unter dem Titel „Dada-Wissenschaft“ erstmals ediert. Hausmanns Beiträge zu einem „optophonetischen“ Weltbild träumen von der „Erweiterung und Eroberung aller unserer Sinne“ – und zeigen den vielseitigen Künstler auf der Höhe der Medientechnologien seiner Zeit.
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Die ausgewählten Texte sind umfangreich kommentiert und mit einer kenntnisreichen Einleitung von Arndt Niebisch versehen.
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Immerhin belegt die Rechenmaschine, über welch profunde Kenntnisse der damals neuesten Medientechnologien der Dadaist verfügte: Hausmann wollte die Technik der Fotozelle sowie die Nipkow-Scheibe einsetzen – beides damals neue Technologien, die kurz darauf die Erfindung des Fernsehens ermöglichten.“
Oliver Pfohlmann, WDR 3
Zum Beitrag: www.wdr3.de/literatur/dadawissenschaft105.html
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„Bereits 1998 war eine umfassende Archivedition zu Hausmanns Nachlassdokumenten erschienen, die jedoch die wissenschaftlich-technischen Schriften ausgespart hatte. Diese Leerstelle füllt nun der Fundus-Band, der Hausmanns vielseitiges Interesse auf beeindruckende Weise belegt:
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So bietet der Band auch eine Einführung in den damaligen wissenschaftshistorischen Kontext. Ein umfangreiches Personen- und Sachregister erhöht die wissenschaftliche Handhabbarkeit der Publikation, die dankenswerter Weise in einer klaren und verständlichen Sprache gehalten ist.“
Sarah Alberti, Kreuzer
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„Hausmann war aber nicht nur – und das zeigt dieser Band ausgiebig – Künstler (oder Anti-Künstler, man war ja schließlich Dadaist), sondern auch ein an technischen Entwicklungen äußerst interessierter Zeitgenosse, der sich zudem mit dem beschäftigte, was man heute vermutlich als Para-Wissenschaft bezeichnen würde.
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Dass die Hypothese einer möglichen Überführung eines Sinnes in einen anderen alles andere als abwegig ist, beweisen heutige medizinische Verfahren mit Ultraschall; letztlich ist die digitale Welt nichts anderes als ein gigantisches Rechenumsetzungsprogramm. Der Leser dieses Bandes muss sich nicht sofort mit Hausmanns wissenschaftlichem Fantasieren abgeben. Eine zweistufige Einführung ist den Originalschriften oder Teilen daraus, aber auch Briefen, vorgeschaltet. Zunächst informiert Ralf Burmeister von den Künstler-Archiven der Berlinischen Galerie über den Status dieses Bandes im Verhältnis zu den schon publizierten oder noch zu erwartenden Bänden des Dadaisten und Erfinders Hausmann. Anschließend stellt Arndt Niebisch das nötige Rüstzeug bereit, um die Hausmann’schen Selbstverständlichkeiten mit den für den heutigen Leser nötigen Rückbezüglichkeiten auszustatten. Diese 50 Seiten sind faszinierend zu lesen, sie legen einen Horizont erneut frei, über den wir Nachgeborene wie selbstverständlich hinausgegangen zu sein scheinen. Hier erfährt man unter anderem, warum sich Hausmann einmal sogar mit Albert Einstein anlegen musste.“
Dieter Wenk, Textem
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„Arndt Niebisch ist es mit dem sorgsam und klug editierten Band gelungen, eine fast vergessene Seite an Raoul Hausmann in den Vordergrund treten zu lassen. Der Leser, dem die Wissenschaftsdiskurse der Weimarer Republik unbekannt sind, erhält von Niebisch eine konzentrierte Einführung, die garantiert, dass Hausmanns Thesen („Gewiss erkennen wir Gestirne auch nur, weil seit Jahrmillionen unablässig feinste Teile von ihnen zu uns gelangen“) nicht nur als krude Gedankenspielereien einer physikfremden Künstlernatur wahrgenommen werden. Zu kritisieren gibt es an diesem Band wenig; er stellt weder den Vollständigkeitsanspruch noch will er als „historisch-kritische Aufbereitung des Materials“ gelesen werden, sondern als „Versuch, dem Leser Hausmanns Texte zu erschließen“. (...) [D]er Band (wird) seinem Anspruch, Hinführung und Einführung zu sein, durchgehend gerecht.“
Jakob Christoph Heller, literaturkritik.de